
Wenn es denn etwas zu ent-schuld-igen gibt
Ist Dir schon aufgefallen, wie inflationär wir heutzutage Entschuldigungen aussprechen?
Auf den ersten Blick ist dagegen nichts einzuwenden. Es gibt durchaus Situationen im Leben, in denen eine Entschuldigung angebracht ist. Wenn Du eine fremde Person auf der Rolltreppe anrempelst. Wenn Du vor dem Richter und zu Deinem fatalen Fehler stehst. Oder wenn Du Deine bessere Hälfte hintergangen hast und Dich aufrichtig ent-schuld-igen möchtest.
Jeder Mensch benötigt Unterstützung, hilft aber auch gerne
Genauer betrachtet sind aber die meisten Entschuldigungen unnötig. Sie weisen sogar auf versteckte Schuldgefühle hin und kratzen unbemerkt an Deiner Selbstsicherheit und Ausgeglichenheit. Auch dem Gegenüber kann es lästig sein, ständig um Verzeihung gebeten zu werden.
Jeder Mensch ist unvollkommen, hat Stärken und Schwächen, benötigt Unterstützung, hilft aber auch gerne. Wenn Du das beherzigst, gelingt das Zusammenleben mit anderen besser. Und Du musst Dich nicht entschuldigen, wenn Du zu ein paar Minuten spät kommst, auf der Arbeit einen Fehler gemacht hast oder einer vertrauten Person Dein Herz ausschütten möchtest.
Sag „Danke“ statt „Sorry“
Das bedeutet natürlich nicht, dass Du eigennützig vor Dich hin leben sollst. Statt Dich ständig zu entschuldigen, sei lieber Dir selbst wohlwollend und Deinem Gegenüber dankbar für die Geduld und Großzügigkeit. Wenn Du das zum Ausdruck bringst (manchmal reicht schon ein „Sorry“ durch ein „Danke“ zu ersetzen), trägt das zu einer positiven Gesprächsatmosphäre bei. Wir alle kommen lieber mit Dankbarkeit als mit Schuldgefühlen in Berührung.
Hast Du Dich etwas verspätet, sagst Du also nicht „Entschuldige mein Zuspätkommen, ich bin so unzuverlässig“, sondern „Danke fürs Warten. Ich schätze Deine Geduld.“ Berechtigte Kritik auf der Arbeit nimmst Du an: „Danke für das Feedback. Ich werde es ab sofort umsetzen.“ Und brauchst Du ein offenes Ohr, dann kriechst Du nicht zu Kreuze, sondern sagst einfach bewusst: „Mich bedrückt etwas. Hast Du gerade Zeit für mich?“
In diesem Zusammenhang verteile ich schon mal ein Kompliment oder Lob. In der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg wird darauf verzichtet. Laut dieser renommierten „Sprache des Herzens“ enthält Lob immer eine Bewertung und kann sogar manipulativ eingesetzt werden, um die gelobte Person zu animieren, das Verhalten zu wiederholen.
So etablierst Du die gute Gewohnheit
Die Neigung, sich ständig zu entschuldigen, ist ein gutes Beispiel für eine schlechte Gewohnheit. Ersetze sie durch Worte der Dankbarkeit und Wertschätzung. Mein Blogartikel „Neue Gewohnheiten etablieren und schlechte ablegen“ hilft Dir bei der Umsetzung.
Immer wenn der Entschuldigen-Reflex an meinem Oberstübchen anklopft, sage ich mir Folgendes: „Christof, erst denken, dann reden. Halte einen Moment inne. Lass Deine Gedanken durch die interne Qualitätskontrolle gehen. Haben sie bestanden, dürfen die Worte Deinen Mund verlassen.“
Vielen Dank, ich freue mich über Deine Aufmerksamkeit!