

„Das Übel, das uns trifft, ist selten oder nie so schlimm, als das, welches wir befürchten.“ (Friedrich Schiller, deutscher Dichter, 1759–1805)
Quarantänen, Ausgangssperren, geschlossene Grenzen, Chaos in Krankenhäusern, Pandemie-Panik. Die Welt ist im Ausnahmezustand. Das SARS-CoV-2, allgemein bekannt als das neue Coronavirus, sorgt auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz für Infektionen, Todesfälle und eine teilweise Lahmlegung des öffentlichen Lebens.
Ich rufe Euch auf, alles zu tun, dass wir das Virus so schnell wie möglich in den Griff bekommen. Ich selbst vermeide seit einigen Tagen persönliche Kontakte und verlasse nur zum Luftschnappen und Einkaufen meine Wohnung.
Die Gefahr kann nicht heruntergespielt werden. Dennoch möchte ich mit diesem Blogartikel der Verunsicherung und den negativen Nachrichten etwas Positives entgegensetzen. Ich glaube, dass wir – individuell, gesellschaftlich, politisch und institutionell – aus dem aktuellen Geschehen lernen und nach der Pandemie gestärkt und weiser hervorgehen werden.
Es folgen 10 positive Aspekte, die wir der Coronavirus-Krise abgewinnen können.
1. Weniger Umweltverschmutzung (und weniger Todesfälle?)
Die Erde denkt sich gerade, haben meine Menschen einen Wimpernschlag vor ihrem Exitus doch noch umgedacht? Durch den Rückgang der Industrie- und Wirtschaftsleistung, der Alltagsmobilität sowie der Reisen während der Krise geht die Umweltverschmutzung zurück. In China etwa sind die CO2-Emissionen seit Ende Januar um ein Viertel gesunken. François Gemenne, Leiter des Hugo Observatory an der Universität Lüttich, sagt, dass möglicherweise mehr Menschen durch die geringere Umweltverschmutzung gerettet werden, als durch das Coronavirus sterben. Studien haben gezeigt, dass die Umweltverschmutzung jährlich für 9 Millionen Todesfälle (jeder 6.) weltweit und über 62.000 (jeder 14.) in Deutschland verantwortlich ist.
2. Chance, den Wirtschaftswachstumswahnsinn zu überdenken
Für uns und die Umwelt ist nicht viel gewonnen, wenn wir nach der Krise so weiter machen, wie vor der Krise (oder noch hanebüchener agieren, um die Verluste wieder hereinzuholen, die Börsen anzukurbeln und die Globalisierung zu sichern). Höher, schneller, mehr. Wir vergiften die Erde munter weiter, obwohl sie bereits sterbenskrank ist. Der Earth Overshoot Day bezeichnet den Tag im Jahr, ab dem wir Menschen mehr natürliche Ressourcen verbrauchen als die Erde produzieren kann. 1971 fiel der Earth Overshoot Day auf den 21. Dezember, 2000 auf den 1. November und 2019 bereits auf den 29. Juli. Das bedeutet, dass die Menschheit im letzten Jahr 1,75 Erden beansprucht hat. Prognosen nach werden es 2050 drei Erden sein. Es kommt noch bitterer. Wir Deutsche verbrauchen bereits jetzt drei Erden, denn unser nationaler Earth Overshoot Day fiel 2019 auf den 3. Mai (der österreichische auf den 9. April, der schweizerische auf den 7. Mai). Jeder Fünfjährige versteht, dass uns das wachstumsfixierte Wirtschaftssystem in diesen Schlamassel geführt hat. Nur zu einer tieferen Reflexion bei einem größeren Teil der Verantwortlichen (zu denen wir alle zählen) ist es bisher nicht gekommen. Die Lösungen könnten lauten: Postwachstumsökonomie, Suffizienz, Subsistenz und Arbeitszeitverkürzung. Der bekannte Wachstumskritiker Niko Paech erklärt im Interview mit mir die Begriffe und Zusammenhänge. Am 17. März 2020 erscheint das Buch „All you need is less – Eine Kultur des Genug aus ökonomischer und buddhistischer Sicht“, das Paech zusammen mit dem Achtsamkeitsexperten und Dharma-Lehrer Manfred Folkers geschrieben hat.
3. Solidarität zeigen
Sich um die älteren Menschen sorgen, den Infizierten Lebensmittel vor die Tür stellen, das Personal in den Krankenhäusern unterstützen, geduldig sein, sich an den Vorgaben der Behörden halten. In Krisenzeiten sollten wir uns besonders in Solidarität, Empathie und Hilfsbereitschaft üben (wir dürfen nach der Krise diese Tugenden beibehalten). So funktioniert eine intakte Gesellschaft – nicht mit Ellenbogenmentalität und Selbstoptimierung. Ein schönes Beispiel: In Italien verabreden sich die Menschen zu spontanem Singen auf ihren Balkonen, um die Stimmung in der Isolation zu heben.
4. Die freien Stunden und Tage zuhause sinnvoll nutzen
Zeit mit sich, den Kindern oder dem Partner verbringen, im Garten arbeiten, basteln, italienisch lernen, Klavier spielen, mit Freunden und Familie telefonieren, Briefe schreiben, die Wohnung ausmisten, die Steuererklärung machen, mit dem Projekt „Roman schreiben“ beginnen … Bis auf Weiteres gilt die Ausrede „Ich habe keine Zeit“ nicht mehr. Am besten gewöhnen wir uns diese Floskel komplett ab.
5. Zur Besinnung kommen
In unserer sonst so schnelllebigen, ach so modernen und sowieso vernetzten Welt tut die Besinnung auf das Wesentliche gut und not. Dann verlieren wir unsere Werte und das, was uns wichtig ist im Leben, nicht aus den Augen. Der Psychologe und Autor Stephan Grünewald („Wie tickt Deutschland? – Psychologie einer aufgewühlten Gesellschaft“) sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Coronavirus-Krise zu einer Besinnungspause führen könnte und weiter: „Wenn wir uns zurückziehen in die Laube, ins Studierzimmer, kann das auch dazu führen, dass wir uns und die Welt noch mal neu erfinden.“
6. Einstieg in die wunderbare Welt des Minimalismus
Weniger Neues kaufen und tun; zufrieden sein mit dem, was wir sind und haben; Konzentration auf das, was wichtig ist; weniger planen; das Herumfahren und Fliegen reduzieren – die Isolation und die Einschränkungen lehren uns, einfach einfacher zu leben. Manch einer wird nach der Coronavirus-Krise nicht mehr so weiter machen wollen wie zuvor. Er hat das minimalistische Leben für sich entdeckt. Du findest hier im Blog zahlreiche Artikel zu dem Thema Minimalismus. Diesen Sommer erscheint außerdem im GU Verlag mein Ratgeber „Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein“. Wenn Du meinen monatlichen Newsletter abonnierst, informiere ich Dich, sobald das Buch erhältlich ist.
7. Die eigene Gesundheit wertschätzen
„Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern“, hat Hydrotherapeut und Naturheilkundler Sebastian Kneipp im 19. Jahrhundert gesagt. Diese Devise sollten wir uns nicht nur im Angesicht des Coronavirus zu Herzen nehmen. Bester Schutz vor Krankheiten sind eine überwiegend pflanzliche und vollwertige Ernährung, ausreichend Bewegung sowie das Vermeiden von Stress, Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum. Das stärkt das Immunsystem, was wiederum Viren und Bakterien abwehren kann.
8. Chance, die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte zu verbessern
Dass in der Gesundheits- und Krankenpflege Personalmangel herrscht, niedrige Löhne gezahlt werden, aber trotzdem die Verantwortung hoch und die Arbeitszeiten lang sind, ist seit Jahren bekannt. Geändert hat sich nicht viel. Während der Coronavirus-Krise verschärft sich der Pflegenotstand. Vielleicht ist das eine Chance, diesen wichtigen Beruf endlich aufzuwerten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das würden die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege und das Studium der Pflegewissenschaften attraktiver machen. Ein Signal: In Spanien haben sich Tausende Menschen abgesprochen, vom Balkon oder Fenster aus dem Gesundheitspersonal mit Ovationen zu ehren.
9. Kommt der Corona-Baby-Boom?
Nachdem der Fußball ruht, dürfte aktuell Sex die schönste Nebensache der Welt sein. Und da wir durch die Coronavirus-Krise gezwungen sind, viel zuhause zu bleiben, kommen im nächsten Winter vielleicht viele süße gesunde Corona-Babys auf die Welt. Von Filmchen gucken wird man aber nicht schwanger. Ein niederländischer Pornoanbieter gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass derzeit seine Umsätze die sonst umsatzstärksten Tage des Jahres wie den Black Friday übersteigen. Auffällig sei der immense Zuwachs aus Nordrhein-Westfalen und Italien.
10. Lernen für kommende Viren
Nach der erfolgreichen Bekämpfung des neuen Coronavirus werden wir reicher an Erfahrungen sein. Das könnte sich in der Zukunft als nützlich erweisen, v. a. falls wesentlich virulentere Erreger wie MERS (Letalität bis 35 Prozent) oder SARS (Letalität bis 10 Prozent) auftauchen. Die internationale Gemeinschaft wird besser kooperieren, die verantwortlichen Behörden der Länder werden überarbeitete Krisenpläne vorliegen haben und wir Bürger(innen) werden von Anfang an wissen, wie wir uns schützen können.
Dieser Artikel soll für Zuversicht und Durchhaltevermögen sorgen. Ich würde mich freuen, wenn Du ihn mit Deinen Freunden teilst.
Du kannst uns auch gerne in den Kommentaren verraten, welche positiven Aspekte Du der Coronavirus-Krise abgewinnst.
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